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30. Mai 2024 | 09:30
Biohof Bakenhus, Großenkneten

Beleuchtet werden sollen die Bausteine des Integrierten Pflanzenbaus und Pflanzenschutzes, die es zum Ziel haben, chemische Pflanzenschutzmaßnahmen auf das notwendige Maß zu beschränken. Neben vorbeugenden Maßnahmen wie z.B. Fruchtfolgegestaltung und Sortenwahl werden auch Schwellenwertkonzepte und alternative Regulierungsverfahren wie z.B. die mechanische Unkrautbekämpfung beleuchtet. Eine kurze Einschätzung, was davon in der landwirtschaftlichen Praxis in unserer Region umgesetzt wird und warum einige Maßnahmen auf eine geringere Akzeptanz stoßen, soll den Vortrag abrunden.

Im Rahmen der Vereinbarung zum Niedersächsischen Weg verständigten sich die beteiligten Institutionen, das Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz sowie das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit dem NABU Landesverband Niedersachsen e.V., dem BUND Landesverband Niedersachsen e. V., dem Landvolk Niedersachsen – Landesbauernverband e.V. und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen u.a. darauf, zum Schutz der Biodiversität, für mehr Natur-, Arten- und Gewässerschutz sowie zur Luftreinhaltung den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Niedersachsen zu reduzieren.

In Zusammenarbeit mit den Partnern des Niedersächsischen Weges wurde seitens des Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz  eine entsprechende Pflanzenschutzmittel-Reduktionsstrategie erstellt, in der unter Berücksichtigung der besonderen Situation in Niedersachsen verbindliche Zielsetzungen und konkrete Handlungsoptionen aufzeigt werden.

Im Rahmen des Vortrages werden die Inhalte und Ansatzpunkte der Niedersächsischen Pflanzenschutzmittel-Reduktionsstrategie dargestellt.

Vorgestellt und diskutiert werden Ergebnisse aus dem langjährigen Grundwasser-Monitoring in Niedersachen. Eine sehr umfangreiche Datengrundlage beschreibt eine hohe Nachweisedichte von Wirkstoffen und insbesondere von Metaboliten im Grundwasser. Messnetzerweiterungen und -modernisierungen sowie zunehmende Monitoring-Aktivitäten sowohl bei den Wasserversorgungsunternehmen als auch beim Gewässerkundlichen Landesdienst führen zu einer deutlich höheren Untersuchungsdichte als noch vor wenigen Jahrzehnten.

Grundwasser ist die wichtigste Ressource für die Trinkwassergewinnung. Belastungen des Grundwassers mit PSM-Wirkstoffen und Metaboliten können sich auch auf die Qualität des Trinkwassers auswirken und den erforderlichen Aufwand und die Kosten für dessen Aufbereitung erhöhen.

Es müssen zielgerichtet wirksame Maßnahmen entwickelt werden, die dazu geeignet sind, die Ressource und das Ökosystem Grundwasser zu schützen und vermeidbare Einträge zu reduzieren. Handlungsbedarf wird aufgezeigt für Verbesserungen in Zulassungsverfahren und Forschungsbedarf eingefordert für die Betrachtung von Mehrfachbelastungen sowie ein Schutzziel für das Grundwasser-Ökosystem auf europäischer Ebene angeregt. Abschließend wird ein Ausblick gegeben auf aktuelle Projekte zum Themenkomplex PSM im Grundwasser.

Die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ist Gegenstand kontroverser Diskussionen. Auf der einen Seite sollen Risiko und Menge beim Einsatz stark reduziert werden, um ungewollte Auswirkungen auf den Naturhaushalt zu vermeiden. Auf der anderen Seite braucht es Pflanzenschutzmittel (PSM) als Ultima Ratio, um im Sinne des Integrierten Pflanzenschutzes (IPS) Ertrag und Qualität von Kulturpflanzen angemessen vor Schaderregern schützen zu können. Zudem sollen zur Vermeidung von Resistenzen und für den Gewässerschutz PSM-Wirkstoffe in einer Region im Wechsel angewendet werden. Das ist aufgrund der schwindenden Wirkstoffvielfalt von PSM häufig nicht möglich. Die landwirtschaftliche Praxis steht also vor der Herausforderung, den Einsatz und das Risiko von PSM zu reduzieren, auf die schwindende Verfügbarkeit von chemisch-synthetischen PSM-Wirkstoffen zu reagieren und ihre Kulturpflanzen dennoch angemessen vor Schaderregern zu schützen.

Der Industrieverband Agrar (IVA) arbeitet an Lösungen, wie das Risiko beim Einsatz von PSM weiter reduziert werden kann, wie Alternativen zu chemisch-synthetischen Mitteln gestärkt werden können (adressiert dabei auch die Herausforderungen) und wie der Integrierte Pflanzenschutz weiterentwickelt werden kann, um auf diese Herausforderungen reagieren zu können.

Neue und digitale Technologien können beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln die Menge und das Risiko maßgeblich reduzieren, ohne den Ertrag zu gefährden. In einer Studie konnten wir feststellen, dass ein flächendeckender Einsatz von Teilflächen- und Spotapplikation das Potential hat, den Einsatz (Menge) von PSM um 25 % zu reduzieren (Quelle 1, s. u.). In einer Umfrage unter 500 Landwirten in Deutschland (Quelle 2, s. u.), haben wir die Anreize und Hemmnisse bei der Anschaffung dieser modernen Technik abgefragt und festgestellt, dass Teilflächen- bzw. Spotapplikationstechnik bereits auf 56 % der Ackerfläche verfügbar ist. Zudem arbeiten wir an einer Initiative, die den Landwirten alle Anwendungsinformationen zu Pflanzenschutzmitteln digital zur Verfügung stellen soll („Digitales Etikett“) und den Landwirten die Dokumentation ihrer Anwendung vereinfachen soll.

Die Digitalisierung bei der Planung und Ausbringung von Pflanzenschutzmaßnahmen sowie die schwindende Vielfalt von Wirkstoffen werden den Integrierten Pflanzenschutz verändern. Vorbeugende Maßnahmen wie die Fruchtfolgegestaltung und Förderung von Nützlingen werden an Bedeutung gewinnen und der IPS wird digital – er wird sich hin zu einem IPSplus entwickeln. Diese Initiativen sollen im Vortrag vorgestellt werden.